Album amicorum- Stammbuch eines Göttinger Studenten namens Zarncke
in Kassettenform. Mit über 50 Einträgen aus Bützow, Göttingen, Neuenkirchen bei Bützow, Rostock und anderen Orten. Dat. 1813-18. Qu.-8°. Mit ganzseit. allegorischer Aquarell-Miniatur und 51 Kupferstichen, meist von J. C. Wiederhold. 55 Bl. Lose Bl. in Hldr.-Kassette mit dezenter Vg. (Deckel mit Knickfalte, leicht beschabt, fleckig und bestoßen). (79) Laut Inhaltsverzeichnis, das sich auf der Rückseite der prachtvollen Deckblattminiatur befindet, hatten sich in diesem Stammbuch ursprünglich 137 (!) Personen eingetragen, und es ist davon auszugehen, daß nahezu alle dieser Einträger der Studentenverbindung "Corps Vandalia Göttingen" angehörten, die von 1805-37 bestanden hat. Bei den Einträgern handelt es sich überwiegend um Studenten des Rechts und der Medizin, vereinzelt auch der Theologie. Viele der Angehörigen des "Corps Vandalia Göttingen" kamen ursprünglich aus Mecklenburg, wahrscheinlich auch der Albumseigner, der von Einträgern, die von dort stammten, gelegentlich als "Landsmann" bezeichnet wird. Die Göttinger Studentenverbindung "Vandalia" stand in engem Zusammenhang mit der "Vandalia Rostock", wovon auch manche der hier vorhandenen Einträge zeugen. Viele Einträge sind mit den Zeichen des Vandalia-Korps versehen, vereinzelt auch mit Wahlsprüchen wie "Vandalia seys Panier" und "Unsere Fahne, so blutig, so roth".Unter den biographisch faßbaren Persönlichkeiten ragt der Pädagoge und Theologe Johann Heinrich Adolph Goetze (1792-1868) hervor, was gerade auch deshalb interessant ist, weil Goetze selbst ein Stammbuch geführt hat, das ebenfalls Einträge während seiner Studienzeit in Göttingen 1815/16 enthält. Dieses Stammbuch wurde in einem Forschungsprojekt ausgewertet: H. P. Hümmer und M. Neubert, "Unsere Fahne, so blutig, so rot" - Spurensuche zur Jenaer und Göttinger Vandalia im Stammbuch des stud. theol. Adolph Goetze (1812-1816), in: Einst und Jetzt, Band 60, 2015, S. 67-128. Auch findet sich ein Eintrag des späteren preußischen Generalleutnants Helmuth Carl Christian von Weltzien (1798-1879), ein Widmungsblatt für die Ärzte Carl Friedrich Hoffbauer und Johann Christian Jacwitz, die bei der Völkerschlacht von Leipzig Verwundete versorgt haben, sowie eines Angehörigen der Familie von Platen auf Rügen, ferner Einträge von weiteren Mitgliedern der Familie von Weltzien sowie der Familien Belitz und Krüger aus Neuenkirchen bei Bützow. Einige der Einträge nehmen auf persönliche Erlebnisse der Einträger mit dem Widmungsträger in der gemeinsamen Studienzeit Bezug und bieten daher interessante Einblicke in das Leben der Göttinger Korps-Studenten am Beginn der Restauration in Deutschland.Die Kupferstiche, auf deren Rückseite fast alle Einträge erfolgten, tragen überwiegend die Signatur des Göttinger Stechers Johann Carl Wiederhold (1743-1826), der Ansichten explizit für derartige Studentenstammbücher produzierte. - Die Miniatur des Deckblattes stellt eine Küstenlandschaft dar, vor der sich eine baumartige Konstruktion aus Sinnbildern in Form verschiedener zusammengefügter Gegenstände aufbaut. Alleine deren Deutung wäre eine eigene Untersuchung wert, die sicherlich einiges über das Selbstverständnis des Corps Vandalia zutage brächte.
- Die Miniatur mit kleinen Läsuren an Rändern und Ecken; leicht fleckig und gebräunt, geringe Gebrauchsspuren. .