Liederbuch. Deutsche Handschrift auf Papier.
Augsburg, um 1850. 4°. 278 S., 1 Bl. (Register). Beschäd. Pp. d. Zt. (Rücken fehlt). (70) Liederbuch mit 99 scherzhaften, teils auch etwas frivolen Studenten- und Soldatenliedern und Parodien, wohl über einen längeren Zeitraum von einer Hand in ordentlicher Kurrentschrift eingetragen. - Enthalten sind bekannte Texte, etwa das Lob der Tabakspfeife "Wenn mein Pfeifchen dampft und glüht", aus dem Lustspiel "Der Bettelstudent" die Verse "Unser eins ist auch nicht dumm" oder "Die Klage eines Geometers über den Verfall seiner Frau". - Ein auf dem Spiegel montiertes Schreiben mit der zugehörigen Antwort, datiert 1855, soll hier in vollem Wortlaut zitiert werden. Zum einen ermöglicht es die Lokalisierung der Handschrift nach Augsburg, zum anderen verdeutlicht es zusammen mit der zugehörigen Antwort die Brisanz solcher heute harmlos anmutender Texte in der Mentalität der Zeit. Der Verwalter des evangelischen Waisenhauses schreibt an Dr. Görniger, den Pfarrer bei St. Ulrich und Vorsteher des Waisenhauses: "Eu(e)r Hochwürden können aus dem beiliegenden Buche ersehen, mit welch geistreicher Lektüre sich der undankbare Handlungs-Commis Waisenhaus Zögling Eduard Adam, beschäftigt. Und solche Sachen liest er, nach der Aussage seines Onkels, des Stiftungs-Kassiers Herrn Orth, der mir das Buch überbrachte, in Gegenwart der Magd u(nd) der Kinder des besagten Herrn Abends vor. - Schmerzl(iche) Erfahrungen! - Ich bitte Eu(e)r Hochwürden, dem Adam das Häßliche seines Benehmens gütigst vorzustellen, wenn er das Buch abholt." Darunter vermerkte der Empfänger: "Ich lege dieses Buch, das ich Anfangs vernichten wollte, als ein Zeichen der Zeit in die Kapitelsbibliothek nieder, da hier ein Mißbrauch und böser Einfluß davon wohl nicht mehr zu besorgen ist."
- Spiegel mit Etikett der Evangelischen Kapitelsbibliothek von Augsburg, dat. 1855, etw. wasserrandig, leicht fleckig, gering gebräunt.