Olivier, Friedrich von (Dessau 1791-1859 ebda.),
Die Erziehung Jesu. Lavierte Tuschezeichnung auf Velin. Nicht sign., bezeichnet und dat. (wohl um 1820). 20,1 x 24,1 cm. - Auf Träger aufgelegt. (121) Obgleich nicht signiert, zeigt die Darstellung unzweifelhaft den frühen, stark nazarenisch geprägten Stil des Meisters. In Form eines dreiteiligen Flügelaltars mit sparsamen gotischen Zierformen angelegt, ist die Kompostion der Szenen sehr sorgfältig erfolgt und zeichnerisch fein ausgeführt. Die Ikonographie ist indessen sehr selten und gerade für einen Altar völlig unüblich, wird hier doch der junge Jesusknabe bei der Arbeit gezeigt, natürlich immer in symbolischer Überhöhung - profane Tätigkeiten, denen eine heilsgeschichtliche Sinnhaftigkeit unterlegt ist. In der Mitte Christus als Gärtner beim Blumengießen (das Gedeihen der geistlichen Saat), links, mit seinem Ziehvater Joseph, beim Tragen von Brettern (die Kreuzigung vorwegnehmend), rechts beim Wasserschöpfen, während seine Mutter Maria in einem Buch liest (wohl das Wasser des Lebens im Paradies andeutend). - Olivier gehörte in Rom neben Julius Schnorr von Carolsfeld und Theodor Rehbenitz dem Kreis der "Capitoliner" unter den Nazarenern in Rom an. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die vorliegende Zeichnung im Vor- oder Umfeld des Auftrags zu dem berühmten nazarenischen Christus-Zyklus entstanden ist, an dem vor allem eben die Capitoliner beteiligt waren. Den Bilderzyklus hatte der Naumburger Domherr Immanuel Christian Leberecht von Ampach im Jahr 1820 als Gemeinschaftsauftrag an neun verschiedene Künstler unter Leitung von Schnorr von Carolsfeld vergeben, darunter auch an Olivier. Zwar hat Olivier schließlich den Auftrag für den "Zinsgroschen" erhalten und ausgeführt, doch könnte er ursprünglich vorgesehen gewesen sein für die Darstellung des Lebens Christi als Kind. Der Christus-Zyklus war der dritte und letzte große Bilderzyklus, an dem mehrere nazarenische Maler gemeinsam gearbeitet haben.
- Minimal fleckig. - Verso mit kleinem Stempel der Fürstlichen Sammlung von Anhalt-Dessau (wiederverwendeter Stempel des Gründers, des Fürsten Leopold I.; Lugt 1708b). Dessau war Oliviers Heimatstadt, er ist dort auch gestorben. .